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kerstin plank

Wie du mit dem 8-gliedrigen Pfad zu dir selbst finden kannst

Aktualisiert: 19. Apr.

Yoga ist viel mehr als das Aneinanderreihen von Asanas. Es ist eine Praxis, die auf einer reichen Philosophie aufbaut und dabei helfen soll, Körper, Geist und Seele zu verbinden. Diese philosophischen Wurzeln können ein sehr viel tieferes Verständnis für Yoga schaffen und die eigene Praxis bereichern. Dieser Beitrag stellt daher eines der bekanntesten Konzepte der Yoga-Philosophie vor.


In den Yoga-Sutras des indischen Gelehrten Patanjali, die zu den wichtigsten Dokumenten des Yoga zählen, werden die acht Glieder des Yoga beschrieben, die als Leitfaden dienen, um ein erfülltes und ausgewogenes Leben zu führen. Diese acht Glieder, auch bekannt als Ashtanga, bieten eine ganzheitliche Philosophie, die sowohl für Anfänger*innen als auch für erfahrene Yogis und Yoginis von Bedeutung ist.


1.   Yama: Moral und Ethik des Yoga

Die Yamas bilden das Fundament des Yoga und gelten als Verhaltensregeln der Hindus. Es handelt sich um ethische Richtlinien, die uns lehren, wie wir uns anderen gegenüber verhalten sollen.

Es gibt fünf Yamas:

  • Ahimsa: Gewaltlosigkeit (in Worten und Taten)

  • Satya: Wahrheit, Wahrhaftigkeit (in Worten, Taten und Intentionen)

  • Asteya: Nicht-Stehlen

  • Brahmacharya: Askese, Enthaltsamkeit 

  • Aparigraha: Nicht-Anhaften, Unbestechlichkeit (starke Verankerung des eigenen Selbsts; Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten)


Die fünf Yamas ermutigen uns, ein Leben der Integrität und des Mitgefühls zu führen. Indem wir diese Prinzipien in unserem täglichen Leben praktizieren, schaffen wir Harmonie in unseren Beziehungen und fördern ein Gefühl der Integrität in uns selbst.

Die Yamas sind eine Erinnerung daran, dass Yoga nicht nur auf der Matte stattfindet, sondern in jedem Moment unseres Lebens. Es fordert uns auf, achtsam zu sein und Mitgefühl in all unseren Handlungen zu zeigen. Indem wir versuchen, die Prinzipien in unser tägliches Leben zu integrieren, können wir nicht nur unsere Beziehungen zu anderen stärken, sondern auch ein tieferes Verständnis für uns selbst entwickeln.


2.   Niyama: Selbstdisziplin der Yogis und Yoginis

Niyama, das zweite Glied des Yoga, konzentriert sich auf die persönliche Disziplin. Während die Yamas die Beziehungen zu unseren Mitmenschen hervorheben, rücken die Niyamas die Beziehung zu uns selbst in den Vordergrund. Die Niyamas werden manchmal als Liste an “Do’s”, im Unterschied zu den “Don’ts” der Yamas umschrieben. Sie bestehen wieder aus fünf Prinzipien:

  • Saucha: Reinheit (des Körpers, Geistes und der Worte)

  • Santosha: Zufriedenheit, Optimismus (Anerkennung von dem, was ist und aus allem das Beste machen)

  • Tapas: Hitze, Durchhaltevermögen und Disziplin (um auch Dinge zu tun, die uns schwer fallen)

  • Svadhyaya: Selbststudium (der eigenen Gedanken und Emotionen), Erforschung der Schriften

  • Ishvara Pranidhana: Hingabe an das Göttliche


Diese Prinzipien dienen dazu, unseren Geist zu klären, unsere Gewohnheiten zu kultivieren und unser spirituelles Wachstum zu fördern. Niyama lädt uns ein, eine tiefere Verbindung zu uns selbst zu entwickeln und bewusster durch das Leben zu gehen. Indem wir uns auf die Prinzipien von Niyama konzentrieren, können wir ein Gefühl der inneren Ruhe und Zufriedenheit finden. Es erinnert uns daran, dass wahres Glück nicht von äußeren Umständen abhängt, sondern von unserer inneren Einstellung und unserem Umgang mit der Welt um uns herum.


3.   Asana: Kunst der Körperhaltungen

Asana ist das mit Abstand (im Westen) bekannteste und sichtbarste Element der Praxis. Es bezieht sich auf die körperlichen Haltungen, die wir während einer Yoga-Sitzung einnehmen. Asanas dienen dazu, den Körper zu stärken, die Flexibilität zu verbessern und die Energie im Körper zu harmonisieren. Durch die Praxis von Asanas können wir nicht nur körperlich profitieren, sondern auch unseren Geist beruhigen und unsere Konzentration fördern.


Die Bedeutung von Asana liegt nicht nur in der physischen Ausführung der Haltungen, sondern auch in der Achtsamkeit und dem Bewusstsein, das wir während der Praxis kultivieren. Jede Asana lädt uns ein, in den gegenwärtigen Moment einzutauchen und unsere Aufmerksamkeit auf unseren Körper und unseren Atem zu lenken. Auf diese Weise wird Asana zu einer Meditation in Bewegung.


4.   Pranayama: Kontrolle und Lenkung des Atems

Pranayama befasst sich mit der bewussten Kontrolle und Lenkung unseres Atems. Prana, die vitale Lebensenergie, durchströmt unseren Körper durch den Atem. Pranayama-Übungen helfen dabei, diese Energie zu regulieren und zu vertiefen. Durch die bewusste Lenkung des Atems können wir unseren Geist beruhigen, Stress abbauen und eine tiefere Verbindung zu unserem inneren Selbst herstellen.


Die Praxis von Pranayama erfordert Geduld, Hingabe und Achtsamkeit. Indem wir unseren Atem beobachten und kontrollieren, können wir ein tieferes Verständnis für unseren Körper und unseren Geist entwickeln. Pranayama lehrt uns, im gegenwärtigen Moment zu leben und die Kraft des Atems als Werkzeug zur Entfaltung unseres vollen Potenzials zu nutzen.


5.   Pratyahara: Zurückziehen und Beherrschung der Sinne

Pratyahara, das fünfte Glied des Yoga, bezieht sich auf den Rückzug der Sinne von äußeren Reizen. In einer Welt, die von Ablenkungen und Reizen überflutet ist, ist Pratyahara eine Fähigkeit, um unsere innere Ruhe und Klarheit zu bewahren. Indem wir unsere Sinne nach innen richten und uns von äußeren Einflüssen lösen, können wir einen Zustand der inneren Stille und Konzentration erreichen.


Pratyahara (wie auch Pranayama und die darauffolgenden Glieder) lehrt uns, dass Glück und Erfüllung nicht von äußeren Umständen abhängen, sondern von unserem inneren Zustand. So sollen unsere Sinneswahrnehmungen diszipliniert, aber auch verfeinert werden.


6.   Dharana: Konzentration des Geistes

Dharana bezieht sich auf die Fähigkeit, den Geist auf einen einzigen Punkt oder ein Objekt zu konzentrieren. Indem wir unseren Geist auf einen einzigen Punkt fokussieren und ihn von ablenkenden Gedanken befreien, können wir einen Zustand der inneren Ruhe und Klarheit erreichen.


Dharana lehrt uns, Kraft aus der Fähigkeit zu ziehen, unseren Geist zu kontrollieren und unsere Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu lenken. Dharana soll auf die nächste Stufe, Dhyana, vorbereiten.


7.   Dhyana: Meditation des Herzens

Dhyana, das siebte Glied des Yoga, bezieht sich auf die Meditation und die Versenkung in das innere Selbst. Indem wir unseren Geist durch Meditation beruhigen und zur Ruhe bringen, können wir einen Zustand der inneren Stille und Klarheit erreichen.

Durch die Praxis von Dhyana können wir unsere Wahrnehmung erweitern.


8.   Samadhi: Verwirklichung des höheren Selbst

Samadhi, das achte und höchste Glied des Yoga, bezieht sich auf die Vereinigung mit dem Göttlichen und die Erfahrung der Einheit mit allem, was ist. In Samadhi löst sich das Ego auf, und wir erfahren einen Zustand grenzenloser Freiheit und Glückseligkeit. Es ist – Patanjali folgend –  das ultimative Ziel des Yoga, das jenseits von Worten und Konzepten liegt und nur durch direkte Erfahrung erreicht werden kann.


Durch die Praxis von Samadhi können wir eine tiefere Einheit mit allem, was ist, erfahren. Es ist das Ziel vieler spirituellen Suchenden und der Höhepunkt der yogischen Praxis.


 

Insgesamt sollen die acht Glieder des Yoga einen umfassenden Weg zur Selbstverwirklichung und inneren Harmonie bieten. Der beschriebene Pfad soll dazu dienen, Leiden und eine Reihe an Hindernissen “Klehsas” (Nichtwissen, Ich-Verhaftung, Begierde, Hass und Selbsterhaltungstrieb) zu überwinden. Jedes Glied baut auf dem anderen auf und führt uns näher zur Erfahrung von Einheit und Ganzheit. Indem wir die Prinzipien des Yoga in unser tägliches Leben integrieren, können wir nicht nur unsere körperliche Gesundheit verbessern, sondern auch unseren Geist beruhigen und unsere Seele nähren. Dabei darf nicht vergessen werden, dass es sich bei den Yoga-Sutren um sehr alte Schriften handelt, die wahrscheinlich irgendwann zwischen dem 1. und  4. Jahrhundert n. Chr. verfasst wurden. Nicht alle von Patanjalis Lehren sind ohne weiteres ins heutige Leben übertragbar – und das ist auch gar nicht nötig. Dennoch können wir auch heute noch Weisheit daraus ziehen.





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